Bau Werk Zukunft - Akupunkturpunkte und Förderstrategien zur Unterstützung nachhaltiger Wirtschaftsweisen im Bau-und Immobiliensektor

Im Rahmen des Forschungsprogrammes "Haus der Zukunft" lotet raum & kommunikation die Entwicklungs- und Innovationspotentiale der Bau- und Immobilienwirtschaft aus. Wir stützen uns dabei auf Interviews mit den wichtigsten Persönlichkeiten und Opinionleaders der Bau- und Immobilienwirtschaft. Ergebnisse der Studie sind eine Momentaufnahme des technologischen Standes der Bauwirtschaft, und - daraus resultierend - eine Sammlung von Anhaltspunkten zur Modernisierung dieses volkswirtschaftlich bedeutenden Sektors.

Inhaltsbeschreibung

Status

abgeschlossen

Kurzfassung

Forschungsmotiv

Angesichts der großen volkswirtschaftlichen Bedeutung, der sehr langen Produkt- und Technologielebenszyklen und der zugleich hohen Material- und Energieintensität ist gerade im Bau- und Immobiliensektor das Gebot nachhaltigen Wirtschaftens von höchster volkswirtschaftlicher und umweltpolitischer Bedeutung.

Dabei ist davon auszugehen, dass nur bei Betrachtung des gesamten Lebens- und Gebrauchszyklus eines Gebäudes oder einer Immobilie überhaupt von Nachhaltigkeit gesprochen werden kann. Die vernetzte Betrachtung aller wirtschaftlichen Leistungsträger entlang der gesamten Wertschöpfungskette ist der wichtigste systemische Schritt in Richtung Nachhaltigkeit im Gebäudebereich. Nur in der Zusammenschau der Leistungsträger sind auch die Stärken und Mängel des Innovationssystems festzumachen. Das Zusammentreffen von wirtschaftlichem Strukturwandel, hoher ökologischer Relevanz und zunehmender Umweltsensibilität der betroffenen Akteure könnte beträchtliche Veränderungspotentiale im Bau- und Immobiliensektor in Richtung Nachhaltigkeit freisetzen. Durch die richtigen Incentives der Forschungs- und Technologiepolitik können die notwendigen Veränderungsprozesse begleitet und Innovationen unterstützt und gefördert werden. Die österreichische Forschungspolitik hat dies auch erkannt und beispielsweise die derzeit laufende Forschungsprogrammlinie "Haus der Zukunft" ins Leben gerufen. Nun haben die Programmlinie "Nachhaltiges Wirtschaften" und insbesondere der Programmschwerpunkt "Haus der Zukunft" einen stark technologischen und produktorientierten Schwerpunkt. In Ergänzung dazu soll der Schwerpunkt des hier vorgeschlagenen Innovationsmonitoring weniger auf die Produktinnovationen selbst, sondern auf die Produktionsinnovationen des Bau- und Immobiliensektors, seiner Unternehmen und Leistungsträger, mithin auf die gesamte "Innovationslandschaft", gelegt werden.

Die Hauptergebnisse der Studie werden in sogenannten "Innovationslandkarten" zusammengefasst, an denen die Innovationsstärken und -schwächen der österreichischen Forschungs- und Unternehmenslandschaft des Bau- und Immobiliensektors ablesbar sind. Der empirische Teil der Studie stützt sich auf Interviews und Gespräche mit maßgeblichen und repräsentativen Stakeholdern des Sektors, punktuell ergänzt durch die Analyse publizierter und grauer Fachliteratur und der Forschungs-, technischen Entwicklungs- und Projektlandschaft im Bau- und Immobiliensektor. Die Rezeption der Innovationslandkarten und des darunter liegenden Detailmaterials (Interviewergebnisse, Thesen) soll die Stakeholder des Sektors und die Forschungs- und Förderungspolitik dabei unterstützen, den in Gang befindlichen Strukturwandel im Bau- und Immobiliensektor in Richtung höherer Nachhaltigkeit und größerer Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Unternehmen zu beeinflussen. Eine gemeinsame Evaluierung und Auswertung der Projektergebnisse in Form eines großen Abschlussworkshops mit allen Beteiligten und Interviewpartnern ist das Fundament für weitere Aktivitäten auf unterschiedlichen Ebenen (Einzelunternehmen, Fach- und Berufsverbände, öffentliche Hände) legen.

Innovationskompass für den Bausektor

Impulse in Richtung höherer technologischer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit des Bausektors sind nach den Ergebnissen der Untersuchung von folgenden Schwerpunktsetzungen in der Produkt- und Branchenentwicklung zu erwarten:

Weiterentwicklung des Produkts "Gebäude"

  • Produktinnovationen weitertreiben in den Bereichen: Neue Bauweisen und Bauteilentwicklungen, insbesondere in Richtung Stahl-Verbundbauweisen, Holzbau, Glastechnologie, Werkstoffe und Bauteile aus nachwachsenden und natürlichen Rohstoffen
    Gebäudeklimatisierung: hocheffiziente, multivalente Haustechniksysteme mit Schwerpunktsetzung Lüftung, Kühlung/ Bauteilkühlung, Erneuerbare Energien, Wärmepumpen, Brennstoffzelle
  • Übernahme und Adaptierung branchenfremder Basistechnologien (Fertigungstechnologien, Materialtechnologien) aus anderen Wirtschaftssektoren, mit Schwerpunktsetzung Sanierung-/Adaptierungstechnologien (Beispiele: Verstärkung lastabtragender Bauteile mit aufgeklebten Kevlar-Matten, Weiterentwicklung elektrochromer Gläser und Glasbeschichtungen)
  • Ökologisch vorteilhafte Verbundbauweisen forcieren, mit besonderem Augenmerk auf Verbundbauweisen unter Einsatz von Stahl, Holz und Glas
  • Neue Baustandards etablieren, z.B. Passivhausbauweise
  • Systembauweisen weiterentwickeln: über mehrere Gewerkeebenen vorgefertigte, hoch integrierte Bauelemente; Modulare Bausysteme (wie es sie etwa im Holzbaubereich zunehmend gibt), Systemfassaden, integrierte technische Infrastrukturen (z.B. Sanitärzellen, Installationssysteme)
  • Moderne Informationstechnologien in die Gebäude integrieren, ohne die Gebäude in der Steuerung kompliziert zu machen
  • Ökologisierung des Bauens vorantreiben: Bauökologie, Chemikalienreduktion, Stoffflüsse und Materialbilanz besser kontrollieren, verringern und ökologisieren
  • Nachhaltigkeit von Anfang an "mit einbauen": Umbaubarkeit, Adaptierbarkeit, Lebenszyklusbetrachtung, Hybridgebäude-Lösungen
  • Gebäudepässe wie Ökopass und Total Quality als Planungs- und Qualitätssicherungstool etablieren

Qualität des Bauablaufes verbessern

  • PlanerInnen verstärkt in die Ausführungsphase einbeziehen, die PlanerInnen müssen Engineering-Verantwortung übernehmen und ihren Kontakt zur Industrie und den ausführenden Unternehmen intensivieren
  • Gewerkeübergreifende Zusammenarbeit in Planung und Ausführung muss selbstverständlich werden und in den Ausbildungen, Ausschreibungen etc. ihren Niederschlag finden; Zeit- und Kostenersparnisse durch Optimierung der "Nahtstellen"
  • Verschmelzen der Nahtstellen durch Bildung von vertikalen Verbünden ausführender Unternehmen, v.a. in den Baunebengewerken, Bildung von "Bauteams" planender und ausführender Unternehmen

Stärkung der Branchenstruktur

Ziel ist die Stärkung der Wirtschaftskraft, Wettbewerbsfähigkeit und technologischen Kompetenz der Unternehmen und die Schaffung qualitativ hochwertiger Arbeitsplätze und Beschäftigungsstrukturen.

  • Stärkung der Wirtschaftskraft kleiner Unternehmen durch stärkere Spezialisierung, Förderung von Netzwerken und Arbeitsgemeinschaften kleiner Unternehmen des Bau- und Baunebengewerbes, v.a. im Bereich der dienstleistungsorientierten Unternehmen
  • Gründung neuer und Vernetzung bestehender Cluster und Initiativen: NÖ-Ökobau-Cluster, IG Passivhaus, Holzcluster, etc.
  • Kontinuierliche Pflege und Erweiterung der Kompetenzen und Qualifikationen bauausführender Unternehmen und ihrer MitarbeiterInnen (vgl. unten Bauakademie)
  • Erschließung neuer Märkte mit innovativen Produkten, z.B. im Zuge der EU-Osterweiterung
  • Mehr Mut zur Innovationen bei öffentlichen Bauaufträgen
  • Ideelle, rechtliche, monetäre und/oder steuerliche Förderung der Sanierung, was v.a. kleinen und mittleren Unternehmen zugute kommt
  • Mehr Forschung und Technische Entwicklung, programmatische Ausrichtung der F&TE-Mittel in Richtung bauausführende Unternehmen (z.B. im Rahmen des Programmschwerpunkts "Nachhaltig Wirtschaften")

Verbesserung des Branchenimage

Ziel ist die Sichtbarmachung der innovativen und weniger der konservativen Leistungen der Branche. Ein verbessertes Brachenimage steigert auch Anziehungskraft für "vife" Lehrlinge.

  • Produktqualität sichern und bewerben durch Gebäudepässe, Zertifizierungen, Produktdeklarationen (Energieausweis) etc.
  • Markenbildung nach den Vorbildern Fertighausindustrie, markenorientierte Bauträger (v.a. aus dem Bereich der gewerblichen Bauträger) oder Themenwohnanlagen (in Wien z.B. Autofreies Wohnen, Interkulturelles Wohnen)
  • Bewerbung von Best Practice Projekten und Demonstrationsvorhaben in den Massenmedien (Immobilienbeilagen der Tageszeitungen), abgegrenzte Imagekampagnen
  • Werbung über Branchenpublikationen: Werbung für Bauakademie (vgl. oben), Kommunikation von Best Practice und Demonstrationsvorhaben

Verbreiterung der Wissensgrundlagen / Bauakademie

Grundsätzlich muss nach Meinung aller befragten und beteiligten ExpertInnen die Ausbildung in der Bauwirtschaft umfassend neu organisiert werden, damit der Anschluss an die allgemeine Entwicklung der Wirtschaft gewahrt werden kann.

Ziel ist es, die Wissensgrundlage der Branche laufend weiter zu entwickeln und auf dem Stand der Technik zu halten. Dies umfasst nicht nur technische, sondern auch soziale, organisatorische und betriebswirtschaftliche Kompetenzen. Die bei weitem wichtigste Maßnahme ist dieGründung einer Bauakademie als Aus- und Weiterbildungszentrum der Bauwirtschaft. Zentrale Ziele sind die "Modernisierung" der Baumeister- und Facharbeiterausbildung sowie die kontinuierliche technische Weiterqualifizierung und berufliche Weiterbildung der Beschäftigten.

Die Bauakademie soll als österreichweite Dachorganisation für Fortbildung im Bausektor etabliert werden. Sie definiert die Fortbildungsfelder, sucht und kontrolliert Inhalte und Qualität von Fortbildungseinrichtungen und Lehrpersonen. Sie ist selbst KEINE Fortbildungsstätte, sondern wird im Rahmen bestehenden Einrichtungen eingerichtet und erweitert deren Angebot gezielt.

Einbezogen werden sollten auch Lehrangebote Dritter wie Berufsbildende Höhere Schulen (HTL), Fachhochschulen und Hochschulen. Über die Bauakademie können auch bestehende postgraduale Lehrgänge (Donau-Universität, Energieinstitut Vorarlberg, Green Academy, WIFI etc.) gebucht werden.

Durch die Bauakademie soll die Qualität der Lehrlingsausbildung für das Bau- und Baunebengewerbe bundesweit vereinheitlicht werden.

Die Ausbildung muss auch "soft skills" wie Projektmanagement, Teamarbeit, Kundenkommunikation, Präsentationstechnik, Verhandlungsführung und rechtliche Grundlagen vermitteln.

Begleitmaßnahmen zur rascheren Etablierung der Bauakademie sind u.a.: stärkere Heranführung der Unternehmen und Interessenvertretungen an die traditionellen Bildungseinrichtungen der Wirtschaft (Berufsschulen, WIFI, Führungskräfteakademie u.ä.), Ausgabe von Bildungsschecks, Werbekampagne für Weiterbildung in Bauberufen, Lehrlingswerbungs-Imagekampagne der Bauwirtschaft.

Erfreulicherweise wird von der Bundesinnung Bau zur Zeit eine "BauAkademie Österreich" genannte Bildungseinrichtung aufgebaut, die schwerpunktmäßig die Reorganisation der Baumeister- und Polierausbildung zum Ziel hat, zukünftig aber auch Fortbildungsveranstaltungen für Erwachsene anbieten soll. Sie wird die Aktivitäten von sieben regionalen "Lehrbauhöfen" (in NÖ, OÖ, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg) koordinieren. Die bestehenden Bildungsangebote der Lehrbauhöfe können unter verschiedensten Adressen eingesehen werden, wie etwa "Lehrbauhof Bauhütte Salzburg" www.lehrbauhof.at; Lehrbauhof Schloß Haundorf (für NÖ) www.bau-noe.at/inhalte/lehrhof1.htm usw. Die Autoren dieser Untersuchung sind in den Aufbau der Kursangebote z.T. einbezogen. Die im Rahmen von Bau.Werk.Zukunft angeregten Lehrinhalte könnten sukzessive in die derzeit im Aufbau befindlichen Kurse eingebaut werden.

Innovationsorientierung von Recht, Normung und Förderungen

Die österreichische Bundes- und Landesgesetzgebung, das Normungswesen und das Förderungswesen sollten hinsichtlich innovationshemmender Bestimmungen durchforstet und in Richtung Innovationsförderung umgestaltet werden.

  • Legistik und Normung:
    Harmonisierung der österreichischen Landesbauordnungen
    Harmonisierung der europäischen Normen und Beschleunigung von Zulassungsverfahren auf nationaler und supranationaler Ebene
  • Stärkere Gewichtung von Nachhaltigkeits- und Ökologiekriterien im Förderungswesen (Wohnbauförderung, Infrastrukturförderung, Wirtschfatsförderung); (Ökologie, Ausführungsqualität, Architektur) umzustellen und die Sanierung stärker zu fördern

Downloads

Bau.Werk.Zukunft

Akupunkturpunkte und Förderungsstrategien zur Unterstützung nachhaltiger Wirtschaftsweisen im Bau- und Immobiliensektor
Schriftenreihe 30/2003 R. Korab, J. Posch, I. Fasan, T. Belazzi, C. Vondrus, F. Steyskal
Deutsch, 45 Seiten, vergriffen

Downloads zur Publikation

Bibliographische Daten

Projektleiter

Dr. Robert Korab, raum & kommunikation KORAB KEG

MitarbeiterInnen Inge Fasan, Julia Posch, raum & kommunikation KORAB KEG
KooperationspartnerInnen Forschungsgesellschaft für die Wohnbauindustriealisierung
Felix Steyskal, Christian Vondrus
bauXund
Thomas Belazzi

Kontakt

raum & kommunikation · Korab KEG
entwickeln · planen · bauen
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Fax: +43 (0)1 7866 559 33
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