Klimaneutrale Gründerzeithäuser - Wege, Potenziale und Umsetzungsmöglichkeiten

Erarbeitung kosteneffizienter und energiesparender Lösungen zur Nutzung von Gründerzeitgebäuden unter Berücksichtigung ihrer bauphysikalischen Eigenschaften sowie der Denkmalschutzvorschriften. Der Fokus lag auf ganzheitlicher Sanierung der Gebäudehülle und der Gebäudetechnik, um einen zeitgemäßen Nutzungskomfort der Gebäude zu erreichen.

Kurzbeschreibung

Status

abgeschlossen

Kurzfassung

Motivation

Während bei Neubauten bereits in der Entwurfs-, Planungs- bzw. Bauphase energiesparende Maßnahmen berücksichtigt werden, kann die wärmeschutztechnische Verbesserung bei den Altbauten erst im Nachhinein erfolgen. Wirtschaftlich aufwendiger wird dies aber insbesondere dadurch, dass die Fassade selbst aus städtebaulicher bzw. denkmalschützerischer Sicht nicht verändert werden darf.

Es ist daher von der sonst zweckmäßigen Außenwärmedämmung oder Kerndämmung der Gebäudehülle auf eine Innendämmung hin zu planen, die vor allem im Hinblick auf die dadurch verstärkt entstehenden Wärmebrückenwirkungen (Anschluss der Geschoßdecke und Zwischenwände an die Gebäudehülle) zusätzlich baulich-bauphysikalisch behandelt werden muss.

Die Sanierung der Haustechnik ist ein wesentlicher Faktor zur Zielerreichung eines klimaneutralen Gründerzeithauses. Insbesondere durch die Bereitstellung und Verteilung des Wärmebedarfs entstehen in bestehenden Gebäuden hohe Verluste. Somit sind für die Senkung der CO2- Emissionen auf ein Minimum, der Einsatz erneuerbarer Energieträger sowie eine effiziente Haustechnik unverzichtbar.

Inhalte und Zielsetzungen

Ziel dieses Projektes ist es, die effizientesten am Markt verfügbaren technischen Möglichkeiten aufzuzeigen, um Gründerzeithäuser in den unterschiedlichsten Bauformen im Zuge von Sanierungsmaßnahmen in CO2-neutrale Objekte zu verwandeln und damit den Boden für die Umsetzung eines gewaltigen Energie- und CO2-Einsparpotenzial im Gebäudebereich inner- und außerhalb Österreichs aufzubereiten.

Über einen systematischen Zugang werden zunächst für definierte Gebäudetypen und in weiterer Folge für konkrete Objekte, welche diesen Gebäudetypen zuzuordnen sind, die unterschiedlichen Sanierungskonzepte analysiert und im Anschluss veranschaulicht. Aus diesen Ergebnissen werden jene Maßnahmen für unterschiedliche Gebäudeklassen erarbeitet, bei denen mit geringstem finanziellem Einsatz, bestmögliche Ergebnisse erzielt werden können. Um die Ergebnisse leicht multiplizierbar zu machen wird das Potenzial der CO2-Reduktion ermittelt und in weiterer Folge Vorarbeiten für ein Demonstrationsobjekt erarbeitet.

Methodische Vorgehensweise

Mittels Literaturrecherche, HerstellerInnen- und ExpertInnenbefragungen wurden vorhandene Technologien zur Reduktion der CO2-Emissionen von Gründerzeithäusern zusammengetragen und dargestellt. Mittels Strukturierung üblicher Gebäudeklassen wurden die wesentlichsten Gebäudemerkmale wie z.B. offene oder geschlossen Bauweise, Gebäude mit oder ohne Innenhof, Anzahl der schützenswerten Fassaden von Gründerzeithäusern definiert.

Die Zusammenstellung und Analyse einer Referenzgruppe stellte eine Bestandserhebung dar, um in weiterer Folge die Anwendung unterschiedlicher Sanierungsmaßnahmen zu bewerten.

Die Anwendung verschiedener Sanierungsmaßnahmen an Objekten der Referenzgruppe dient der Potenzialermittlung, der Machbarkeit und der Findung geeigneter Maßnahmenkombinationen. Basierend auf den Ergebnissen der Referenzgruppe wurde das Potenzial von Sanierungsmaßnahmen des Gründerzeitbestands für Wien, Österreich und der Donauländer erhoben. Zwei Workshops verbreiteten die Projektergebnisse an die Zielgruppen. Am Ende des Projektes wurde die Machbarkeit von Sanierungsmaßnahmen anhand dreier Machbarkeitsstudien für eine potenzielle Sanierung demonstriert.

Ergebnisse

In städtischen Gebieten wurden bisher energetische Sanierungsmaßnahmen oftmals nur teilweise durchgeführt, da vor allem in Stadtkernen Gebäude in sogenannten Schutzzonen liegen. Das Voranbringen von Sanierungsmaßnahmen scheiterte bei Gründerzeithäusern vielfach durch jene hohen Aufwendungen bzw. Bestimmungen, die in Verbindung mit der Erhaltung von historischen, denkmalgeschützten Fassaden standen.

Das Ziel klimaneutraler Gründerzeitgebäuden sollte durch die Senkung des Energieverbrauchs sowie der Bereitstellung des verbleibenden Energiebedarfs durch erneuerbare Energieträger erreicht werden.

Grundsätzlich können eine Vielzahl an Sanierungsmaßnahmen auf Gründerzeitgebäude angewendet werden. In der Praxis gibt es unterschiedliche Rahmenbedingungen, welche die Anwendung dieser Technologien auf Gründerzeitobjekte einschränkt. Aus bautechnischer Sicht, muss in vielen Fällen eine Innenwärmedämmung aus denkmalschützender Sicht angewendet werden. Aus haustechnischer Sicht steht ebenfalls eine Vielzahl an Möglichkeiten für eine Sanierung zur Verfügung. Der Einsatz erneuerbarer Energieträger wird in Gründerzeitgebäuden in erster Linie durch den Flächenbedarf dieser Technologien begrenzt. Die betrachteten Gründerzeitgebäude weisen einen durchschnittlichen Heizwärmebedarf von rund 128 kWh/m2a auf. Um Gründerzeitgebäude anhand der baulichen Gegebenheiten zu definieren wurden Gebäudeklassen definiert. Aus den Ergebnissen der Referenzgruppe ist ersichtlich, dass der durchschnittliche Heizwärmebedarf der betrachteten Objekte in den definierten Gebäudeklassen sehr homogen ist. In erster Linie ist dieser von den baulichen Gegebenheiten der jeweiligen Objekte abhängig. Im Zuge vorangegangener Sanierungen wurden teilweise bereits vereinzelt wärmetechnische Verbesserungen an Gründerzeitgebäuden durchgeführt, wodurch sich stärkere Abweichungen zwischen den Objekte ergeben. Vergleicht man eine idente Sanierung zwischen Straßen und Hoffassaden so ergeben sich nur geringfügige Abweichungen der Ergebnisse innerhalb der Referenzgruppe. Aus den Erkenntnissen ergeben sich jedoch höhere Potenziale in der thermischen Verbesserung der Innenhoffassadenflächen, da diese üblicherweise als glatte Fassaden ausgeführt sind. In Gründerzeitgebäuden sind typischerweise Kastenfenster eingebaut. Befindet sich ein Gebäude nicht unter Denkmalschutz oder innerhalb einer Schutzzone, so kann ein Fenstertausch in Betracht gezogen werden. Bei denkmalschützerischen Anforderungen ist oftmals nur eine Sanierung der Fenster möglich.

Die Betrachtung von Einzelsanierungsmaßnahmen auf den Gebäudebestand zeigt, dass im Zuge einer Sanierung der Wärmedämmung der Außenwandflächen die wichtigste Rolle zukommt. Bei Standardsanierungen sind damit bereits Einsparungen von rund 38% des Heizwärmebedarfs zu erzielen. Wie die Ergebnisse der Referenzgruppe veranschaulichen, ist eine Innenwärmedämmung in mehr als 80% der Objekte an der Straßenfassade erforderlich. Die Fassadenflächen in den Innenhöfen sind meist abgeräumt, wodurch in diesen Fällen meist eine Außenwanddämmung eingesetzt werden kann. Eine Erhöhung des Dämmstandards und der Einsatz mechanischer Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung zeigen, dass auch im Gründerzeitbestand eine Reduktion des Heizwärmebedarfs um 77% möglich ist.

Eine ausschließliche Erneuerung der Wärmebereitstellung und Verteilung in bestehenden Gründerzeitgebäuden unter Anwendung erneuerbarer Energieträger ermöglicht die Reduktion klimarelevanter Treibhausgasemissionen für die Wärmebereitstellung um 60%. Im Zuge einer ganzheitlichen, ökologischen Sanierung kann der jährliche Emissionsausstoß für die Wärmeversorgung in Gründerzeitgebäuden um 86% gesenkt werden.

Die Anwendung des systematischen Ansatzes auf Demonstrationsobjekte verdeutlicht in erster Linie die Machbarkeit der betrachteten Maßnahmen. Anhand von 3 ausgewählten Objekten wurde die Machbarkeit der erarbeiteten Maßnahmenkombinationen demonstriert.

Eine Kostenerhebung der Sanierungsvarianten ermöglicht die ökologische Bewertung anhand der Wirkungseffizienz sowie der ökonomischen Bewertung anhand der Investitionskosten für die einzelnen Maßnahmenkombinationen. Aus ökologischer Sicht ergibt sich die höchste Wirkungseffizienz durch eine ökologisch ambitionierte Sanierung.

Diese Variante bietet somit die höchsten Einsparungen des eingesetzten finanziellen Kapitals. Betrachtet man rein die Investitionskosten so bietet die Standardsanierung die geringsten Investitionskosten. Eine Hochrechnung der Ergebnisse für Gründerzeitgebäude auf Wien zeigt einen endenergetischen Anteil von rund 50% des Raumwärmebedarfs privater Haushalte in Wien.

Österreichweit wird der endenergetische Anteil auf 16% und in den Donauländern auf rund 14% geschätzt. Durch die Sanierung von Gründerzeitgebäuden kann damit ein großer Beitrag zur Senkung von Treibhausgasemissionen und der Erfüllung von Klimaschutzzielen geleistet werden.

Das Projektziel einer klimaneutralen Energieversorgung für die Wärme- und Warmwasserbereitstellung kann durch diese Maßnahmen nicht gänzlich erreicht werden. Je nach Sanierungsgrad kann in der Referenzgruppe eine Reduktion treibhausgasrelevanter Emissionen um bis zu 86% erzielt werden. Durch eine Kompensation dieser Emissionen mittels Klimaschutzzertifikaten kann dennoch das Ziel der Klimaneutralität erreicht werden.

Ausblick und Empfehlungen

Die Ergebnisse dieses Projektes zeigen die Möglichkeiten und Potenziale verfügbarer Technologien für die Sanierung von Gründerzeitgebäuden. In derzeitigen Sanierungen von Gründerzeitgebäuden standen meist Einzelsanierungsmaßnahmen im Vordergrund. Da eine Sanierung von Baudenkmälern jedoch kein Standardprodukt ist, bedarf es in den meisten Fällen einer detaillierten Planung der Sanierungsmaßnahmen. Anhand des systematischen Ansatzes können somit abgestimmte Lösungen für zukünftige Sanierungen von Gründerzeitgebäude angeboten werden. Durch die systematische Kombination einzelner Maßnahmen stehen beteiligten Personen unterschiedliche Sanierungsvarianten und deren Wirkungseffizienz bereits vor bzw. in einem frühen Stadium einer Sanierung zur Verfügung.

Die Projektergebnisse zeigen dass Sanierungen mit dem Faktor 10 auch in Gründerzeitgebäuden vereinzelt möglich sind, jedoch ist dies keine Standardsanierung und muss deshalb für jeden Fall einzeln betrachtet werden.

Publikationen

Klimaneutrale Gründerzeithäuser

Wege, Potenziale und Umsetzungsmöglichkeiten
Schriftenreihe 27a/2012 K. Reisinger et al., Herausgeber: BMVIT
Deutsch, 233 Seiten

Downloads zur Publikation

Projektbeteiligte

Projektleiter

DI Dr. Klaus Reisinger
Allplan GmbH

Projekt- und Kooperationspartner

  • DI Walter Prause, DI Heinz Feix
    Zivilingenieurbüro für Bauwesen

Kontaktadresse

Allplan GmbH
Dipl.-Ing. Dr. Klaus Reisinger
Schwindgasse 10, A-1040 Wien
Tel.: +43 (1) 5053707 - 10
E-Mail: klaus.reisinger@allplan.at
Web: http://www.allplan.at/