"Alles Palette" - Entwicklung des Palettenhauses zur Serienreife

Das 2007 im EU-weiten Wettbewerb GAU:DI siegreiche Projekt "Palettenhaus" besteht aus 800 (gebrauchten) Paletten. Es war im Maßstab 1:1 bei der Biennale in Venedig 2008 ausgestellt und wurde im Projekt zur Serienreife entwickelt. Dafür wurden exemplarisch zwei Szenarien untersucht: die (temporäre) Bebauung des Flugfelds in Aspern und die Errichtung eines Low-cost Gebäudes in Südafrika.

Kurzbeschreibung

Status

abgeschlossen

Kurzfassung

Mit dem Palettenhaus entwickelten Gregor Pils und Andreas Claus Schnetzer noch während ihres Studiums an der Technischen Universität Wien (Betreuung: Karin Stieldorf) ein innovatives Holzbau-System, das zusätzlich zu den üblichen Vorzügen des Holzbaus durch den Einsatz bereits gebrauchter Paletten kreislauffähig wird.

Es besteht aus 800 gebrauchten Paletten, die so einer zweiten Nutzungsphase zugeführt werden. Sie werden zu Modulen verbaut, die rasch zu einem Haus zusammengefügt werden können. Der mehrschicht­ige Aufbau ist bestens für den Einbau von Installationen, Dämmung und Beleuchtung geeignet.

Das Haus aus gebrauchten Paletten sollte vor allem für den temporären Einsatz an unterschiedlichen Standorten geeignet sein. Es ist ökologisch, Energie-effizient und günstig und kann später mit wenig Aufwand an anderen Standorten wieder aufgebaut werden. Das Palettenhaus ist bestens vorfertigbar, kann multipliziert und zu Ensembles mit Dorf-Charakter gruppiert werden.

Weiterentwicklung zur Serienreife

Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurde es im Detail weiter und zur Serienreife entwickelt. Dies inkludierte statische und bauphysikalische Nachweise, die 3-dimensionale Simulation der Wärmebrücken, sowie die Berechnung des langjährig zu erwartenden Wärmebedarfs (Standort Wien Aspern) als Qualitätssicherung des Standards Passivhaus und die Überprüfung der Sommertauglichkeit.

Als Basis für die Umsetzung des Palettenhauses wurden das haustechni­sche Konzept mit bereits vorgeschlagenen Geräten und eine Kosten­schätzung erstellt. Grundriss-Varianten demonstrieren die exzellente Eignung und Anpassbarkeit für unterschiedliche Nutzungen.

Das Palettenhaus hat als Ergebnis des Forschungsprojektes den erforderlichen Standard dafür erreicht, dass es in größerer Stückzahl z.B. für ein Zwischennutzungsszenario während der Bauphase in der Seestadt Aspern eingesetzt werden kann.

Das Palettenhaus für Südafrika

In einem zweiten Schritt wurde für den Standort Südafrika ein neuer, holzsparender Typ in Tonnenform entwickelt, der für den Aufbau 1:1 vor Ort mit Stroh gedämmt, mit Lehm ausgefacht und klimagerecht mit einer Blechdeckung versehen wurde.

In den Bauprozess wurde die lokale Bevölkerung des Townships südlich von Johannesburg (Südafrika) und die Schüler des Ithuba Skills College mit einbezogen. Dabei waren die Baukosten, deren Leistbarkeit und die Vermittlung des für einen solchen Bauprozess notwendigen Knowhows ein wesentliches Anliegen.

Das Demonstrationsvorhaben konnte bereits während der Projektlaufzeit offiziell eröffnet und in Betrieb genommen werden. Auch für diesen Bautyp und Standort wurden alle Nachweise erstellt (Statik, Bauphysik, Heizwärmebedarf, Sommertauglichkeit). Aufbau und Fertigstellung wurden mittels Fotos und Film sehr genau dokumentiert. Diese sind Teil des Projekt­berichtes.

Das Palettenhaus für das Zwischennutzungskonzept in der Seestadt Aspern

Die Ausgangssituation der sozialwissenschaftlichen und raumplanerischen Grundlagenforschung im Projekt ist durch den vielschichtigen Prozess der Stadtentwicklung in der Seestadt Aspern gekennzeichnet, der neue Formen einer Zwischennutzung während der Bauphase erfordert.

Stadtteilentwicklung lässt sich als sozialer und gesellschaftlicher Prozess charakterisieren, wo urbane Siedlungs-, Lebens- und Arbeitsformen von verschiedenen Akteuren hergestellt werden. In diesem Herstellungs­prozess von Stadt spielt die Weiterentwicklung innovativer Formen von Stadtteilmanagement eine wesentliche Rolle. Beiträge von heterogenen sozialen Gruppen zur Stadtteilentwicklung können gesteuert und moderiert werden. Das Modell eines Stadtteilmanagements rund um das Palettenhaus stellt die Gestaltung-, Partizipation- und Aneignungs­prozesse der zukünftigen Bewohner und anderen sozialen Gruppen in den Vordergrund.

Das Palettenhaus als Ort und Raum dieses Modells wird dabei als Schnittstelle zwischen Orten und Räumen, sozialem Handeln und sozialen Gruppen, sowie bestehenden angrenzenden Stadtquartieren und dem neuen Stadtentwicklungsgebiet konzipiert. Das sozialwissenschaftlich-methodische Vorgehen bezieht sich auf urbanistische Grundlagenforsch­ung einer Dokumentenanalyse im Sinne der "desk-top research", eine Internetbefragung von Akteuren und Intensivinterviews mit Experten der Stadtentwicklung in Wien.

Ergebnisse

Die Ergebnisse liegen in der Identifikation von Akteuren und ihren Interessen, den Motivationen und Zielen einer temporären Zwischen­nutzung des Palettenhauses in der Seestadt Aspern, in der Definition und Konzeption der Rolle des Palettenhauses als Ort und Raum eines Stadtteilmanagements, sowie in der Erstellung einer Karte mit Verort­ungen von möglichen Nutzungen und Akteuren. Zudem erfolgte ein Abstimmungsprozess zwischen den verschieden Akteuren der Stadtteil­entwicklung und potentiellen Zwischennutzern sowie einer raumzeitlichen Konzeption der Aufgaben und Rolle eines Stadtteilmanagements unter Verwendung der Palettenhäuser.

Die Ergebnisse und Empfehlungen des stadtsoziologischen Teils des Forschungsprojektes liegen in der Schärfung der Positionen der unter­schiedlichen Interessen der Akteure für die Zwischennutzung mittels Palettenhäusern mit dem Fokus, eine neue und innovative Form von Stadtteilmanagement zu entwickeln.

Das Palettenhaus - so das Ergebnis der stadtsoziologischen Analysen - kann im Rahmen des Stadtent­wicklungsprozesses in der Seestadt Aspern eine zentrale Rolle spielen, wenn

  • die identifizierten unterschiedlichen Nutzungs- und Aktivitäts­potentiale des Palettenhauses im Rahmen eines zu installierenden Managementprozesses der Stadtteilentwicklung verankert werden
  • die Etablierung und Einrichtung eines Stadtteilmanagements eine integrative Schnittstellenfunktion zwischen den Bereichen Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Mobilität und u.a. dem öffentlichen Raum übernimmt
  • es gelingt, die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten des Paletten­hauses in ein umfassendes strategisches Entwicklungskonzept einzubetten, welches Attraktoren, Rezeptoren und Inkubatoren für die Quartiersentwicklung initiiert.

Die Ergebnisse des Forschungsprojektes verdeutlichen, dass das Objekt "Palettenhaus" sowohl einen materiellen als auch sozialen Raum darstellt, von dem Impulse für die Stadtteilentwicklung ausgehen können.

Das Zwischenkonzept für Aspern ist als Umsetzung der Ergebnisse in einem Lageplan/Karte übersichtlich dargestellt. Die darin vorge­schlagenen Nutzungen wurden abschließend in Wort und Bild anschaulich beschrieben.

Projekt-Bilder

Nutzungshinweis: Die unter Projekt-Bilder aufgelisteten Bilder stammen aus den Projekten, die im Rahmen der Programme Stadt der Zukunft, Haus der Zukunft und IEA Forschungskooperation entstanden sind. Sie dürfen unter der Creative Commons Lizenz zur nicht-kommerziellen Nutzung unter Namensnennung (CC BY-NC) verwendet werden.

Publikationen

Berichte

"Alles Palette"

Entwicklung des "Palettenhauses" zur Serienreife (low-cost Produkt für u.a. temporäre oder auch längerfristige Nutzung in Entwicklungsländern)
Schriftenreihe 10/2014 K. Stieldorf, Herausgeber: BMVIT
Deutsch, 158 Seiten

Downloads zur Publikation

Fotos

Vorstellung project "Palettenhaus" von Andreas Claus Schnetzer auf der TEDx Pannonia im September 2010

Das Video wird über Youtube bereitgestellt, dabei wird eine Verbindung zu den Servern von Youtube hergestellt (sh. Datenschutzerklärung).

Projektbeteiligte

Projektleitung

Technische Universität Wien
Karin Stieldorf - Institut für Architektur und Entwerfen

Projekt- und Kooperationspartner

Technische Universität Wien
Dr. Oliver Frey - Department für Raumentwicklung, Urbanistik

Kontaktadresse

Technische Universität Wien
Institut für Architektur und Entwerfen
DI Dr. Karin Stieldorf
Gusshausstraße 30
A-1040 Wien
Tel.: +43 (1) 58801 - 27041
E-Mail: karin.stieldorf@tuwien.ac.at